1920 wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Heiligen Stuhl wieder aufgenommen und beendeten den sogenannten Kulturkampf. Um dieses Jubiläum zu feiern, besucht Kardinalstaatsekretär Pietro Parolin dieser Tage die Schweiz und trifft auf Bundesrat und Kirchenspitzen. Im Zeichen der Ökumene und der Diplomatie wohnten der Kurienkardinal und Bundesrat Ignazio Cassis heute der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz in Bern bei.
In seinem Grusswort an das höchste Gremium der Reformierten äusserte Pietro Kardinal Parolin den Wunsch, die Einheit der Christen wiederherzustellen. «Gehen, beten und arbeiten sind drei Schlüsselwörter der ökumenischen Bewegung. Auf dem synodalen Weg der katholischen Kirche sind auch andere Konfessionen eingeladen», sagte er und dankte der Präsidentin der EKS, Rita Famos, für ihr Angebot der Unterstützung. Er erinnerte die Synodalen daran, ihren Blick immer Richtung Frieden zu richten. Dieses Treffen zeige, dass die diplomatische und ökumenische Arbeit das gleiche Ziel verfolgen: Dass die Menschen in Frieden zusammen leben können.
Bundesrat Ignazio Cassis stellte in seinem Gruss an die Synodalen und Gäste den Dialog in den Mittelpunkt, der in der schweizerischen Ökumene gelebt werde: «Diese Bereitschaft einander zuzuhören – diese Bereitschaft der gelebten Vielfalt ist das Fundament jeder Beziehung! Und sie ist ein wesentliches Merkmal der Schweiz.» Er wünschte den Synodalen, sich weiterhin vom Engagement für Frieden auf der Grundlage von Dialogs inspirieren zu lassen.
Die EKS nutzte den Anlass, um Aussenminister Cassis auf die parlamentarische Kultur hinzuweisen, die die Kirchen mit öffentlich-rechtlicher Anerkennung prägen. Eine Kompetenz, die die Eidgenossenschaft der Katholischen Kirche auf der Suche nach synodalen Prozessen gerne zur Verfügung stellt. Präsidentin Rita Famos betonte, was die christlichen Konfessionen über ihr Fundament im Glauben hinaus verbindet: Der Einsatz für Frieden und die Einhaltung der Menschenrechte. An Bundesrat Cassis wandte sie sich mit einer Bitte: «Seien Sie kreativ für neue Wege der Beziehungspflege zwischen Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften, etwa in Gestalt eines formalisierten Austauschs des Bundesrats mit denselben.» Sie betonte, dass die anderen christlichen Konfessionen über die Arbeit im ökumenischen Rat der Kirchen und über ihre Hilfswerke ebenfalls über ein Potenzial verfügen, das der Bundesrat für seine Friedensmission nutzen sollte.
Milan Kostrešević, Präsident der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz AGCK.CH, dankte dem Bundesrat für die Berücksichtigung der besonderen Situation der Kirchen während der Coronapandemie. «In der Schweiz dürfen wir auf eine lange Geschichte der guten und fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen kirchlichen Akteuren und Politik in den einzelnen Kantonen zurückblicken», so Kostrešević, der sich in seinem Votum für stärkere ökumenische Beziehungspflege stark machte.
Die interkonfessionelle Begegnung fand im Beisein zahlreicher Gästen aus der Schweizer Ökumene statt: So begrüsste die Synode im Berner Rathaus Bischof Harald Rein von der Christkatholischen Kirche der Schweiz, Renata Asal-Steger, die Präsidentin der Römisch-katholischen Zentralkonferenz und deren Generalsekretär, Daniel Kosch, Bischof Felix Gmür, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Abt Urban Federer, Verantwortlicher für den ökumenischen Dialog, sowie Erwin Tanner, Generalsekretär der SBK.
Präsidentin Rita Famos überreichte Kardinal Parolin zum Abschluss ein nachhaltiges Geschenk: Als Zeichen des Wachstums der guten Beziehungen werden vom Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz HEKS 300 Moringabäume gepflanzt, die Kleinbauernfamilien als Einkommens- und Nahrungsquelle dienen. Zudem übergab Rita Famos Bundesrat Cassis eine Spendenurkunde für ein HEKS-Projekt, das Jugendliche in der Schweiz beim Berufseinstieg unterstützt. Das HEKS feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Während der Synode kann eine Fotoausstellung über die eindrucksvolle Geschichte des kirchlichen Hilfswerks im Rathaus besucht werden.