Die Worte des Apostels Paulus erinnern mich an Maria. Ihre empfangende Haltung wird oft erwähnt – und gelobt. Ohne die schwierigen und tumultuösen Ereignisse, die mit der unverhofften Schwangerschaft auf sie zukamen, zu beschönigen, nahm sie sie als ihren von Gott bestimmten Weg an. Seltener wird erwähnt, dass Maria die Ereignisse um die Geburt ihres Sohnes auch prüfend wahrnimmt, wie Lukas (2,19) schreibt: «Maria aber behielt alle diese Worte (der Ankündigung der Geburt) und bewegte sie in ihrem Herzen». Das Herz ist in der Bibel ein Ort der Introspektion und des Gewissens. Gefühle und Gedanken werden «gewogen», in die Waagschale gelegt. Zu welchem Schluss kommt Maria? Welches «Gute» behält sie? Das sagt uns der Text nicht. Was beide Texte aber andeuten, ist, dass der Prüfungsvorgang ein entschleunigendes Moment enthält. Man kann sich für das Handeln Zeit nehmen, die möglichen Folgen werden bedacht.
Ich nehme die Aufforderung alles zu Prüfen oder eben zunächst im Herzen zu bewegen als Aufmunterung an, immer zuerst einen Schritt zurückzutreten. Vieles wird uns im Neuen Jahr überraschen, zugetragen, ärgern, freuen. Bevor wir entscheiden, was wir damit anfangen, wollen wir innehalten, es wirken lassen, den Mut haben, Wichtiges vom Unwichtigen, Gutes vom Schädigenden zu trennen. Denn nicht alles, was man von uns will, müssen wir auch tun. Nicht alles, was an uns herangetragen wird, müssen wir akzeptieren. Sondern nur das, was wir als «gut» labeln, nachdem wir es geprüft und im Herzen bewegt haben.
In diesem Sinne wünsche ich uns für das neue Jahr 2025 eine mariologische Haltung des nachdenklichen Empfangens.