Laut Gesetzgeber dürfen Fortpflanzungsverfahren nur angewendet werden, wenn das Wohl des Kindes gewährleistet wird (Art. 3 FMedG). Nach Mathwig geht es im Gesetz paradoxerweise nicht um günstige Lebensverhältnisse für Kinder, sondern um die Verhinderung ihrer Existenz, wenn ungünstige zukünftige Lebensumstände unterstellt werden. Und gleichzeitig ist das Kindeswohl in diskriminierender Weise an die heterosexuelle Partnerschaft geknüpft. «Wir täten gut daran, die Versuche einzustellen, die Bibel als Biologiebuch oder reproduktionsmedizinisches Vademecum zu lesen. Stets kommt das heraus, was wir herauslesen wollen», stellte Referent Frank Mathwig fest. «Konstruktiv wäre es, sich auf den Gedanken einzulassen, ob der Gott der Bibel, der Geber allen Lebens, nicht viel eher bei den Neuankömmlingen in der Welt zu finden wäre, als bei denen, die entweder nur bestimmte Kinder oder Kinder nur für bestimmte Familien wollen.»
In ihrem Referat mit dem Titel «Ich habe einen Sohn bekommen mit Hilfe des Herrn» legte Ethikerin Melanie Werren der Frauenkonferenz dar, wie in der Bibel Menschen zu Kindern kommen und welche Relevanz biblische Texte zu diesem Thema heute haben können. «Ungewollt kinderlose Menschen können sich möglicherweise mit dem Ringen um Nachwuchs mit den Erzeltern identifizieren, die klagen, ihnen zur Verfügung stehende Möglichkeiten gegen Unfruchtbarkeit ergreifen und doch die Macht, den Mutterschoss zu öffnen und zu schliessen, bei Gott verorten. Sie ringen um die Balance zwischen dem Ergreifen von verfügbaren Optionen und dem Angewiesensein auf Kräfte ausserhalb ihrer selbst», sagte Werren.
Im Anschluss an die Referate erteilten die Delegierten der Frauenkonferenz dem Ausschuss den Auftrag, am Thema dranzubleiben und eine Stellungnahme aus reformierter Frauensicht auszuarbeiten. Dabei sollen vielfältige Lebensentwürfe und Ausgangslagen berücksichtigt werden.
Ratsmitglied Ruth Pfister überbrachte der Konferenz Grüsse und den Dank des Rates. Sie würdigte die Auswahl eines spannenden, brisanten, schwierigen und brennenden Themas für die Tagung. «Schön, dass uns die Frauenkonferenz die Gelegenheit gibt und uns motiviert unser Wissen zu vertiefen, voneinander zu profitieren, damit wir eine fundierte Meinung und Haltung zu diesem Thema entwickeln können.»
An der Tagung, die wegen der strengen Schutzmassnahmen virtuell stattfand, nahmen rund vierzig Personen aus der ganzen Schweiz teil. Die Tagung war ursprünglich im Mai vorgesehen gewesen, wurde aber wegen der Corona-Krise verschoben.
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