Synodepräsidentin Evelyn Borer eröffnete die Herbstsynode mit einem Appell an die Anwesenden, flexibel zu sein und zu bleiben. Es sei wichtig, sich nicht an alles zu gewöhnen, schon gar nicht an Krieg als notwendiges Übel. Wir erlebten Geschichte, wir dürften nicht wegschauen, wenn Flüchtlinge unsere Hilfe brauchen, so Evelyn Borer. Die Solothurnerin wird die Synode auch in der nächsten Amtsdauer 2023 – 2024 präsidieren: Die Synode hat Evelyn Borer heute wiedergewählt. Als Vizepräsidenten komplettieren neu Gilles Cavin der Evangelisch-reformierten Kirche des Wallis und Florian Schubert der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Neuenburg, das Synodepräsidium.
«Wir müssen der Welt nicht erklären, warum es Kirche braucht, sondern bezeugen, wo und wie sie unseren Glauben nährt, uns in ihrer Gemeinschaft beheimatet, wir mit ihr streiten, weil sie uns wichtig ist.» Mit diesem Worten richtete sich die Präsidentin der EKS, Rita Famos, an die Synode. Den kirchlichen Institutionen würden zwar gegenwärtig keine guten Prognosen gemacht. «Mit grosser Sorge haben wir beispielsweise die kürzlich veröffentlichten Zahlen der Genferkirche wahrgenommen», so die Präsidentin. Sie sei indes sicher, dass es nicht weiterhelfe, sich ständig den eigenen Relevanzverlust vorzuhalten und die kirchliche Bedeutungslosigkeit herbeizureden. Rita Famos: «Wir müssen leben, was Christus uns aufgetragen hat. Mit Gottes Hilfe wird es uns gelingen, Verzicht in Freiheit, Knappheit in Gemeinschaft, Angst in ein Gebet und schlussendlich den Winter in innere Wärme zu verwandeln. Und niemand wird uns fragen: Warum Kirche?»
Die Synode durfte als Gast Najla Kassab, Präsidentin der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen WGRK, begrüssen. Kassab bezeichnete die Versammlung der protestantischen Kirchen in Bern als ein Bekenntnis zu den reformierten Grundwerten, die die Kirche wie auch die Gesellschaft in der Schweiz inspirierten und prägten. «Heute bekräftigen wir unseren Willen, unseren Auftrag zur stetigen Reform zu leben und die Bedürfnisse der Menschen anzusprechen, indem wir die Würde der Menschen wahren. Wir treffen uns, um die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, nicht die Institutionen, und wir haben den Mut, für all das einzutreten, wozu uns das Wort Gottes auffordert, damit alle Menschen Leben und Würde erfahren können.»
Alessandra Trotta, Moderatorin der Evangelischen Waldenserkirche, erinnerte in ihrem Grusswort an die 50jährige Geschichte ihrer Kirche, die aus der mittelalterlichen Reformbewegung der Waldenser hervorgegangen und heute eine der grössten evangelischen Kirchen Italiens ist. Die Geschichte der verfolgten Waldenser spanne einen Bogen zur heutigen Realität. So seien Flüchtende auf der ganzen Welt auf die Solidarität der Christen angewiesen. Der Krieg in der Ukraine dürfe nicht vergessen machen, dass weltweit zahlreiche weitere Kriege im Gange seien und dass der dramatische Klimawandel ein weiterer Grund für Fluchtbewegungen sei.
Die Synode hat den Antrag des Rats auf Umsetzung des Konzepts «Schutz der persönlichen Integrität» an den Rat zurückgewiesen. Zwar wird die Stossrichtung des Anliegens geteilt, hingegen soll das Konzept unter anderem aus datenschutzrechtlichen Gründen nochmals überarbeitet werden. Mit dem Schutzkonzept will die EKS eine weitere Massnahme ihres Aktionsplans umsetzen.
Die Synodalen haben zudem die mündlichen Zwischenberichte zur ÖRK-Vollversammlung (31. August – 8. September in Karlsruhe) zur Kenntnis genommen. Der Ukrainekrieg habe auch die Vollversammlung überschattet, der Umgang mit der russisch-orthodoxen Kirche stelle den ÖRK vor eine Zerreissprobe, räumte EKS-Präsidentin Rita Famos ein. Die EKS selber bleibt am Thema dran: Bei einer Abendveranstaltung der EKS im Polit-Forum Bern am 29. November steht die Rolle der Kirchen im Ukrainekrieg und dessen Auswirkungen auf die ökumenische Bewegung im Zentrum.
Die Mitglieder der EKS-Delegation, Rahel Weber, Elio Jaillet, Suzanne Schild, Heinz Fäh und Emma van Dorp, teilten in sehr persönlichen Voten und untermauert mit starken Bildern, ihre Eindrücke und Erkenntnisse aus Karlsruhe. Einen schriftlichen Schlussbericht inkl. Projektabrechnung wird der EKS-Rat der Synode im Sommer 2023 vorlegen. Michel Müller von der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich wünschte ausdrücklich, dass dabei auch zur Sprache kommen solle, wie die EKS-Delegation sich in Karlsruhe zum Ukrainekrieg eingebracht hat.
Die Synode hat das Reglement zur Assoziierung von Kirchen und Gemeinschaften in Kraft gesetzt. Damit wird weiteren interessierten evangelischen Kirchen und Gemeinschaften ermöglicht, sich mit der EKS zu assoziieren. Neben dem institutionalisierten Austausch mit dem Rat erlaubt eine Assoziierung auch die Teilnahme an der Synode; abstimmen und wählen können assoziierte Mitglieder hingegen nicht.
Erstmals wurde im Rahmen einer EKS-Synode der internationale Sylvia-Michel-Preis verliehen. 2022 geht der mit 5000 US-Dollar dotierte Preis an die ordinierte Theologin Rebecca Mutumosi Mfutila aus der Demokratischen Republik Kongo (siehe separate Medienmitteilung).
Anschliessend an die Preisverleihung fand in der Berner Nydeggkirche ein Gottesdienst statt, in welchem die neuen Synodalen feierlich eingesetzt wurden.